St. Otto, Juni 2023
Urlaubsbilder I
„Mit dem Wind“...
… mal wieder unzählige, wunderschöne Fotomotive auf meinem Arbeitsweg entdeckt. Der Raps vor blauem Himmel, am Horizont das Achterwasser mit vereinzelten Segelbooten, das Reh beim Morgensnack auf der Wiese: Einfach herrlich! Da kann man die Maler verstehen, die in vergangenen Jahrhunderten ganze Tage und Wochen vor der Staffelei verbrachten, um die Schönheit der Natur auf ihre Leinwände zu bannen. Es soll sie ja auch noch heute geben: Menschen, die versuchen, Gottes Schöpfung und ihre Sicht auf diese mit Pinsel und Öl- oder Aquarellfarben abzubilden. Die sind allerdings seit der Erfindung der Fotografie rein zahlenmäßig ordentlich ins Hintertreffen geraten.
In der Mitte des 19. Jahrhunderts begann die konsequente Entwicklung der modernen Fotografie. Fotos wurden zumeist in Ateliers von ausgebildeten Fotografen angefertigt. Deren Ausrüstung war unhandlich und wenig transportfreundlich. Zunächst war auch jedes Bild noch ein Unikat und natürlich ausschließlich schwarzweiß. Keine Konkurrenz also für die farbenfrohen Aquarelle der malenden Zunft. Schon bald waren illustrierende Fotografien aus Zeitungen und Zeitschriften allerdings nicht mehr wegzudenken. Aber erst nach 1945 kann man von einer zunehmenden Verbreitung der Farbfotografie im Bereich der Printmedien reden.
Freizeit- und Hobbyfotografen quälte aber noch in den 80ern des vorigen Jahrhunderts aus heutiger Sicht vor allem ein Problem: Sofern sie sich keine „Dunkelkammer“ eingerichtet hatten und dort ihre Filme in Eigenregie entwickeln konnten, mussten sie diese an ein „Foto-Labor“ schicken. Das war teuer. Und es dauerte mitunter bis zu zwei Wochen – gerade nach den Sommerferien, wenn in den Laboren Hochbetrieb herrschte – bis man das Ergebnis seiner Fotokunst nach Hause geliefert bekam. Oft konnte man dann nur missmutig konstatieren, dass der Eifelturm (bei Nacht fotografiert) nur aus drei verschwommenen Lichtreflexen bestand, der Giraffe, die vorbildlich im Zoo Modell gestanden hatte, der Kopf fehlte oder das Hochzeitspaar beim „Sie-dürfen-die-Braut-jetzt-küssen-Moment“ viel zu wild knutschte und dadurch nur unscharf und völlig verwackelt für die Ewigkeit festgehalten worden war. Nachbessern oder Bearbeiten? Nicht möglich!
Ich erinnere mich noch gut an schweißnasse Finger beim Öffnen der Kuverts aus dem Fotolabor. Auf einem Film mit 24 oder 36 Bildern gab es immer eine Reihe von „Wackelkandidaten“ mit Überraschungsgarantie. Die Mimik der fotografierten Personen? Reine Glückssache! Was einem da an Grimassen, geschlossenen Augen und ähnlichen Überraschungen entgegenstrahlte, war manchmal schon abenteuerlich. Aus diesem Grund gab es bei mir übrigens eine eiserne Regel: Briefe vom Fotolabor wurden nur unter Ausschluss der familiären Öffentlichkeit geöffnet. Dann konnte man schon mal vor- oder gleich aussortieren.
Und heute? Durch den Siegeszug der Digitalisierung und die Quantensprünge im Bereich der Kameratechnik auf dem Smartphone ist der klassische Fotoapparat im Bereich der Alltags- und Hobbyfotografie ein längst überholtes Auslaufmodell. Unhandlich, schwer, unpraktisch! Die Dinger werden nur noch von Profis oder besonders ambitionierten Fotoamateuren genutzt.
Apropos Amateur: Ein Maler braucht Farben, Pinsel, Leinwände, muss sich die Technik aneignen, viel Lern- und Übungszeit investieren und sollte vielleicht auch über ein Quäntchen Talent verfügen. Auch der Beruf des Fotografen setzte früher eine profunde Ausbildung voraus.
Aber das war gestern. Wer braucht zum Knipsen denn noch eine Ausbildung? Belichtung, Verschlusszeit, Fokussierung, Tiefenschärfe und bald vielleicht sogar die Motivsuche – das erledigt alles die Kamera des Smartphones. Nur auslösen – oder wie man das heute auch nennen mag – muss der Benutzer oder die Benutzerin noch. Und wenn das Bild trotz aller verbauten technischen Hilfsmittel misslingt? Dann hat man eine unendliche Anzahl weiterer Versuche frei. Zumindest solange das Motiv nicht wegläuft oder meutert. Ergebniskontrolle sofort in der App. Und kosten tut die Bilderflut keinen Cent.
Manchmal – oder eigentlich fast immer – entspricht das Fotoresultat aber nicht unseren Vorstellungen, die abgebildete Realität nicht dem, was wir sehen beziehungsweise für eine mittlere Ewigkeit festhalten wollen. Auch dafür hat der technische Fortschritt in den vergangenen Jahren ein Hilfsmittel – genannt Bildbearbeitung – etabliert. Früher vor allem der Werbefotografie vorbehalten, verfügt inzwischen jedes bessere Smartphone über eine Fülle von Möglichkeiten, die Welt so abzubilden, wie sie ihrem Nutzer gefällt.
Es regnet im Sommerurlaub? Wir verändern Brillanz, Farbton, Sättigung, Kontrast oder wählen gleich einen Vorschlag aus der Foto-App. Regen? Grau? Nicht mit uns! Der Schnee fehlt im Skiurlaub? Kein Problem. Den ergänzen wir gekonnt, und die tristgraue Berglandschaft wird zum Winter-Wonderland. Die Bikinibräune ist (mangels Sonne) ausgefallen oder (durch zu viel Sonne) von Braun in ein knalliges Rot mutiert? Dann wird farblich nachgearbeitet. Für den Gruseleffekt wäre auch eine blaugraue Hautfärbung möglich …
Und mal ehrlich: Wer freut sich nicht, wenn auf dem neuen Passfoto weder entstellende Pickel noch unschöne Augenränder oder Falten zu sehen sind. Wegretuschiert, geglättet, ausradiert! Es ist einfach soooo verlockend, sich die Welt „schön zu bearbeiten“!
Und das Ergebnis dieser geschönten Welt? Manchen Menschen erscheint die Realität nur noch grau und farblos. Der blaue Himmel? „Also im Prospekt war das Blau viel blauer!“ Das Roggenfeld mit Klatschmohn und Kornblume? „Die Kontraste könnten aber schon deutlicher sein!“ „War das vorhin im Restaurant wirklich diese bekannte Schauspielerin am Nebentisch? Die hätte ich nie erkannt. Sah ja total fertig aus, die Alte!“
Wir leben vielfach in einer verkitschten auf Hochglanz polierten Scheinwelt, und alle gut gemeinten Versuche einer postulierten „neuen Natürlichkeit“ haben gegen den Mainstream keine Chance. Glattgestylte, wegtypisierte und „optimierte“ Schaufenstermenschen oder unnatürlich aufpolierte Landschaften. Dafür braucht es weder Schönheits-OPs noch Landschaftsarchitekten. Mit dem Bildbearbeitungsprogramm unseres Smartphones haben wir die Möglichkeit, tatsächlich ein klein wenig Gott zu spielen. Und vielleicht macht das den eigentlichen Reiz aus?
Dass dabei jede Individualität auf der Strecke bleibt, spielt keine Rolle. Wir kriegen es besser hin, als die Natur oder irgendein Gott! Zumindest in der virtuellen Welt. Nur die Diskrepanz zwischen unserer geschönten, heilen, aufgebübscht-unnatürlichen Fantasiewelt und der Realität, die bekommen wir nicht einfach wegretuschiert. Zum Glück!
Vielleicht schaffen Sie es, in diesem Sommerurlaub auf einen Foto-Filter zu verzichten, die Einstellung „satte Farben“ zu deaktivieren, Mensch und Natur in ihrer ganz eigenen Schönheit abzubilden. Oder Sie lassen das Fotografieren gleich ganz sein und genießen die Natur und den Moment „live und in Farbe“. Das klingt jetzt vielleicht gewöhnungsbedürftig, aber ich verspreche Ihnen: Ihre Sicht auf die Welt wird sich ändern. Denn die, davon bin ich überzeugt, hat in ihrer Einzigartigkeit weder Filter noch Bildbearbeitung nötig.
Und wem das jetzt alles viel zu lang für eine Sommerkolumne war: Teil II im Juli wird dafür sommerlich kurz!
Herzlichst
Ihr
Markus Constantin
Rektor
PS: Das Bild zeigt übrigens ...? Raten Sie doch einfach mal!
St. Otto, Mai 2023
„Mit dem Wind“...
… ist nicht viel los, in unserem kleinen Hinterhof in Wolgast. Zum Glück! Eine hohe Backsteinmauer sorgt dafür, dass es dort auch bei stürmischem Wetter fast windstill bleibt. An heißen Sommertagen vermisst man zwar ein kühlendes Lüftchen, aber gerade im Frühjahr, wenn man sich besonders an der Küste auf die ersten wärmenden Sonnenstrahlen freut, wird man auf unserem Hof schon fündig. Das weiß wohl auch das Amselpärchen zu schätzen, das seit vielen Jahren im dichten Efeu, das fast die gesamte Mauer bedeckt, sein Brutgeschäft verrichtet.
Jedes Frühjahr warten wir schon auf ihn, den Amselhahn. Er ist immer der erste, der eintrifft und gewissenhaft die Tauglichkeit unseres Hofes als Nistplatz prüft. Das macht er gründlich und arbeitet dabei bestimmt seine persönliche Checkliste ab. Oder hat ihm die das Weibchen mitgegeben? Frauen sind da ja manchmal etwas besser organisiert: Alles noch wie im letzten Jahr? Das Efeu im Herbst nicht zu stark gekürzt und der Hof weiterhin „katzensicher“? Bademöglichkeit im Weinfass bereitgestellt? Keine störenden Nachbarn wie etwa lärmige Spatzen oder hektische Meisen? So, oder so ähnlich läuft der Check wohl ab.
Als nächstes sucht der zukünftige Vater einer Horde von Amseljungspunden das Efeu nach einem ruhigen und komfortablen Plätzchen für das Brutgeschäft ab. Seine Partnerin ist da scheinbar anspruchsvoll. Ja und dann warten wir alle gespannt darauf, also der Amselhahn und wir, dass seine Lady eintrifft und mit dem Nistplatz auch in diesem Jahr einverstanden ist.
Amseln, so habe ich inzwischen gelernt, leben in der Regel monogam. Das gilt vor allem für Paare, die auch den Winter in unseren Breiten verbringen. Seltener für „Zug-Amseln“. Ist ja irgendwie auch klar. Auf längeren Reisen geht der Partner schon mal leichter verloren als auf der heimischen Couch. Wir kennen das. Meine Frau und ich schaffen es regelmäßig, uns schon im Kaufhaus aus den Augen zu verlieren.
Unsere beiden Amseln scheinen allerdings eines der seltenen Paare zu sein, das sich, nach einem Solo-Winter irgendwo im Süden, jedes Jahr auf Neue zur gemeinsamen Brutsaison in Wolgast einfindet. Ich stelle mir den jährlichen Abschied im Spätsommer ungefähr wie folgt vor: „Schatz, sehen uns nächstes Jahr in Wolgast?“ „Sicher, Liebling. Wie jedes Jahr. Mach dir einen schönen Winter in Palermo!“ „Und du, pass auf dich auf!“ Dann noch ein schnelles Amsel-turtel-Abschiedsküsschen und los geht’s. Wie romantisch!!!! Und was für eine Freude, wenn die heiß erwartete Dame im Frühling tatsächlich eintrifft, zunächst skeptisch die Location inspiziert, sich etwas ziert und schließlich doch dem Charme ihres Göttergatten und der altbewährten Honeymoon-Suite in unserem Efeu erliegt. Und dann? Dann ist es erst einmal ziemlich ruhig auf unserem Hof. Bis nach ca. 14 Tagen der sprunghaft ansteigende Amselflugverkehr anzeigt, dass sich hungriger Nachwuchs im Nest befindet. Und wenig später hocken schon die zerzausten, noch etwas unbeholfenen Ästlinge laut rufend im Hof, auf der Regentonne oder einem der Äste unseres Haselnussbaums.
Es vergeht kein Tag im Frühjahr, an dem wir nicht einen oder auch mehrere Blicke in unseren Hof werfen. Zunächst in ängstlicher Erwartung: Kommen sie wieder? Haben wir den Hof auch „brutfertig“ hergerichtet? Und dann mit der Freude der stillen Beobachter an der Entstehung neuen Lebens, und der - wenn auch passiven - Teilhabe an einem Schnelldurchlauf von Geburt über Kindheit bis hin zur Selbstständigkeit und zum Loslassen.
Aber warum diese Freude, dieses „Warm-ums-Herz-sein“? Und ist das überhaupt erlaubt, während Millionen Kinder auf unserer Welt hungern und verhungern, Kriege unzählige Hoffnungen und Existenzen vernichten oder - etwas näher an unserem direkten Lebensumfeld - häusliche Gewalt, Missbrauch und Kinderarmut für viele Menschen schrecklicher Alltag sind? Fällt mir nichts Besseres ein, als mich über eine Banalität wie das Brutgeschäft meines Amselpärchens zu freuen - und damit nicht genug - auch noch darüber zu schreiben?! Und nicht zuletzt: Wie kann ich das gesamte Grauen, das uns umgibt, das uns täglich, stündlich, minütlich bei jeder Berührung unseres Smartphones, dem Hochfahren des Computers, dem Anschalten des Fernsehers in den Augen brennt, im Ohr liegt, das Herz zerreißt so einfach ausblenden?
„Amsel-Watching“ auf dem Hinterhof! Was für eine nutzlose, bescheuerte Zeitverschwendung! Die Welt versinkt in Chaos, Gewalt oder auch der Pol-Schmelze und ich sorge, kümmere und erfreue mich an ein paar Amseln. Ist das erlaubt? Ist das human? Ist das christlich?
Auf diese ganzen Fragen und möglicherweise auch Selbstvorwürfe gibt es in meinen Augen nur eine Antwort: Selbstverständlich! Wir dürfen uns über Kleinigkeiten freuen, uns um scheinbar Belangloses kümmern. Wir sollten uns viel öfter Zeit nehmen, zum Glücklichsein. Wir brauchen Momente, in denen wir keine Entscheidungen treffen müssen, sondern einfach nur zuschauen, genießen und uns mitfreuen können. Momente fürs Herz! Und das alles ohne jeden Anflug von schlechtem Gewissen!
Der Alltag, die Welt außerhalb unseres beschaulichen Hinterhofs, holt uns ganz von selbst wieder ein. Dauerhaft lässt die sich nämlich nicht ausblenden, und das ist auch gar nicht nötig. Aber gestärkt durch die Kraft, die Ruhe und Liebe, die wir aus solchen Momenten auf unserem persönlichen Hinterhof mitbringen, sind wir ihr besser gewachsen, der Welt. Und weiter: Wir haben dann etwas einzubringen, das manchmal viel wirksamer ist als Feuereifer, Tatendrang und Aktionismus. Es ist die Freude über diese wunderbare Schöpfung, in der wir das Glück haben zu leben. Und aus dieser Freude entsteht Liebe. Und Liebe versetzt bekanntlich Berge! Was können wir also Besseres tun, als im Wonnemonat Mai nicht nur Sonne, sondern ganz viel Liebe zu tanken?
Einen sonnigen und liebevollen Mai wünscht Ihr
Markus Constantin
Rektor
St. Otto, April 2023
„Mit dem Wind“...
… mal wieder in einer Sackgasse gelandet! Also nicht in einer offiziell ausgeschilderten. Eher in einer materialbedingten. Das passiert mir in der Regel immer dann, wenn ich neue Radwege ausprobiere, die mir mein Hightech-Fahrradcomputer vollmundig vorschlägt.
Ein nagelneuer, asphaltierter Radweg verwandelt sich nach wenigen Kilometern in eine schlaglochgespickte Buckelpiste, einen Plattenweg oder auch gleich in einen Feldweg. Befahrbarkeit mit 25mm Rennradreifen? Kannste vergessen! Entweder heißt es dann „Bitte wenden!“ oder ich steige ab, schiebe und hoffe – in der Regel vergeblich – darauf, dass der Weg wieder besser wird. Stellen Sie sich nur mal analog eine Autobahn vor, die sich ohne Vorwarnung in einen Wirtschaftsweg verwandelt. Undenkbar!
Meinem persönlichen Grusel-Favoriten dieser ganz speziellen Sackgassenvariante bin ich vor einigen Jahren auf einem gut ausgebauten Radweg, kurz hinter Löwenberg begegnet: Mit Tempo 30 ging es durch den Wald in eine Abfahrt, deren Ende nur schlecht zu erkennen war. Also lieber nicht noch schneller werden. War auch besser so. Die Gefällstrecke endete abrupt in einer 90° Linkskurve, während gleichzeitig der Asphalt durch schlammigen Waldboden ersetzt wurde. Nur der unverzügliche Einsatz aller verfügbaren Bremsmittel ohne Rücksicht auf Materialverschleiß und Schuhwerk verhinderte das Schlimmste.
Während ich mich sortierte, das Vorderrad aus dem Matsch zog, natürlich kräftig fluchte und gleichzeitig meinem Schutzengel und dem Heiligen Christophorus für ihren Einsatz dankte, fragte ich mich, welcher Schreibtischtäter oder Radler-Hasser für diese Schlamperei verantwortlich war. Die Antwort? Blieb natürlich aus.
Es gibt da aber auch die selbstgewählten Sackgassen. Neulich erst war ich auf einer nagelneu asphaltierten, bestens ausgebauten Straße unterwegs, an der – völlig überraschend – knapp 800 Meter vor der von mir avisierten Badestelle ein blaues „T-Schild“ am Straßenrand auftauchte. Sackgasse? Hier? So kurz vor dem Ziel? Das konnten die doch nicht ernst meinen! Außerdem kommt man mit dem Rad doch fast überall durch. Notfalls wird die letzten Meter auch ausnahmsweise mal geschoben. Umkehren? Keine Alternative! Oder doch? Der 4 Meter breite Stichkanal am Ende der Sackgasse war definitiv ein unbezwingbarer Endgegner.
Sie kennen beide Stichstraßen-Varianten aus Ihrem Leben: Die Sackgassen, die „unbeschildert“ und ohne Vorwarnung aus dem Nichts auftauchen, wenn das Leben gerade so richtig Fahrt aufgenommen hat. Aber auch die gut beschilderten Holzwege, an deren rechtzeitig angekündigtem Ende wir versuchen, oft wider besseres Wissen, mit dem Kopf durch die Wand einen Durchbruch zu erzwingen.
Sackgassen gehören zu unserem Leben – wie Umwege, steile oder schlecht gesicherte Pfade aber auch Hochgeschwindigkeitsabschnitte mit Sonnenschein und Panoramaausblick.
Aber all diese Wege und Straßen sind nur Randerscheinungen, Umwege, Abzweigungen oder Nebenstraßen. Als Menschen befinden wir uns nämlich von Geburt an auf einer Einbahnstraße. Jetzt bitte nicht erschrecken! Diese Variante der Fahrbahnführung ist zwar im Straßenverkehr mindestens so unbeliebt wie die Sackgasse, hat aber einen entscheidenden Vorteil: Umkehren ist nicht nötig, weil nicht möglich.
Während für den bekennenden Atheisten der Lebensweg, beginnend mit der Geburt und endend mit dem Tod, tatsächlich eine Kombination aus Einbahnstraße und abschließender Sackgasse ist, sieht die Perspektive für die Angehörigen fast aller großen Weltreligionen ganz anders, ich würde sagen erfreulicher, aus.
Wir Christen zum Beispiel holpern, gleiten, stolpern und galoppieren auf unserer Lebens-Einbahnstraße, testen die ein oder andere Abzweigung, bleiben öfter mal in einem Schlagloch stecken, überholen und werden überholt und landen auch hin und wieder in einer Sackgasse. Aber ein unsichtbarer Sog, ein Staubsauger des Glaubens, zieht uns regelmäßig auf unsere Einbahnstraße zurück, rettet uns aus besonders tiefen Schlaglöchern, richtet uns auf und bringt uns auf den richtigen Kurs.
Unser Leben ist nämlich gerade keine Sackgasse, sondern eine Einbahnstraße, deren fantastisches Ende wir nur erahnen können. Die Mauer des Todes? Da hüpfen wir drüber! Leicht wie eine Feder und dann? Dann ist Auferstehung. Dann ist Ostern!
Aber was hat denn nun das Osterhasenbild – oder ist es etwa ein Kaninchen? - mit dem Inhalt der Kolumne zu tun? Ganz ehrlich: Nix!
Herzlichst
Ihr
Markus Constantin
Rektor